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Thesaurierend vs. ausschüttend – so machst du es richtig

Thesaurierend vs. Ausschüttend

Bei der Entscheidung zwischen thesaurierenden und ausschüttenden ETFs geht es vor allem um das Thema Steuern. Während Thesaurierer auf lange Sicht steuereffizienter sind, nutzen ausschüttende Varianten den Steuerfreibetrag (Sparerpauschbetrag) besser aus. Deshalb wählt man idealerweise eine Kombination.

Ein durchschnittlicher Anleger kann über einen Anlagezeitraum von 30 Jahren ca. 4.000€ an Steuern sparen, indem er 20.000€ in ausschüttenden ETFs und den Rest in thesaurierenden ETFs anlegt. Sparerpauschbetrag und Steuerstundungsbonus werden so optimal ausgenutzt.

Der ideale Betrag hängt allerdings stark von der Anlagedauer ab. Das wissen die meisten Anleger nicht. Viele Internetseiten geben Pauschalempfehlungen. Das ist gefährlich. Denn wenn man zu viel Kapital in ausschüttenden ETFs anlegt, können einem zehntausende Euro an Zinseszins verloren gehen.

Disclaimer: Dieser Text dient nur dem allgemeinen Verständnis und stellt keine Empfehlung dar. Steuergesetze können sich ändern und ich bin weder Anlage- noch Steuerberater.

Thesaurierend vs. ausschüttend – Abhängigkeit vom Anlagehorizont

Der folgende Graph zeigt, wie viel besser du mit einem ausschüttenden ETFs gegenüber einem thesaurierenden ETF abschneidest, bzw. umgekehrt.

Differenz bei der Endsumme je nach Laufzeit
Thesaurierend vs. ausschüttend – Anlagehorizont

Bei 8% Rendite pro Jahr (davon 2% Dividende); 26,375% Kapitalertragssteuer (inkl. Soli); keine Vorabpauschale/Gebühren/Handelkosten berücksichtigt.

Wie du siehst, ist ein Ausschütter anfangs besser. Irgendwann dreht sich der Spieß allerdings um. Was dann passiert, ist dramatisch. Bei längeren Anlagehorizonten stürzt die Performance eines ausschüttenden ETF gegenüber der eines Thesaurierers in den Keller.

Der Verlauf der Graphen wird durch zwei Effekte bestimmt, die gegeneinander wirken: Die Steuerersparnis durch den Sparerpauschbetrag und der Steuerstundungsbonus eines thesaurierenden ETFs.

Steuerstundungseffekt schnell erklärt

Thesaurierte Dividenden verbleiben in einem ETF. Das bedeutet, dass der Kapitalgewinn aus den Dividenden in vollem Umfang weitere Rendite erwirtschaften kann. Dieser Zinseszinseffekt wirkt zwar auch bei ausschüttenden ETFs (sofern man die ausgeschütteten Dividenden wieder anlegt), da fehlt aber ein Teil. Der durch die Steuer verlorene Anteil der Dividenden kann keinen Zinseszins mehr generieren.

Thesaurierend vs. ausschüttend - Zinseszinseffekt

Je länger der Anlagehorizont, desto größer ist der Steuerstundungseffekt.

Natürlich werden die Dividenden eines Thesaurierers am Ende trotzdem versteuert. Aber eben erst, wenn man verkauft. Bis dahin arbeiten die Dividenden ohne Steuerabzug für dich weiter. Die Steuer wird „gestundet“.

Sparerpauschbetrag schnell erklärt

Ein Thesaurierer wäre durch die Steuerstundung klar besser, wenn es den Sparerpauschbetrag nicht gäbe. In Deutschland sind Kapitalerträge bis 801€ pro Person und Jahr steuerfrei. Dazu zählen z. B. Sparbuchzinsen, Gewinne aus Wertpapierverkäufen oder ausgeschüttete Dividenden. Legt man diese wieder an, gelten sie als versteuert. Bei erneuter Auszahlung fallen keine weiteren Steuern an.

Das ist der entscheidende Vorteil eines ausschüttenden ETFs. Zumindest, bis die 801€ erreicht sind.

Freistellungsauftrag

Um den Sparerpauschbetrag auszunutzen, muss man bei einem Konto oder Depot einen sogenannten Freistellungsauftrag einrichten. Man kann die zur Verfügung stehenden 801€ dabei auch auf mehrere Depots und Banken aufteilen. Die Bank weiß dann, wie viel Freibetrag sie verrechnen darf. Das passiert ab da an automatisch. Richtet man keinen Freistellungsauftrag ein, muss man sich die Vergünstigung über die Steuererklärung wiederholen.

Thesaurierer und Ausschütter optimal kombinieren

Wer jetzt glaubt, man könnte einfach von den 801€ zurückrechnen und käme auf einen exakten Anteil für den Ausschütter, hat einen wichtigen Aspekt übersehen. Selbst wenn man zu einem bestimmten Zeitpunkt den idealen Anteil an ausschüttenden ETFs erwischt, wird man ein paar Jahre später vermutlich zu viel Ausschütter im Portfolio haben.

Der Wert und die Dividenden deiner ausschüttenden ETFs steigen mit der Zeit an.

Alles, was dann zu viel ausgeschüttet wird, wird voll versteuert und geht für den Zinseszinseffekt verloren. Das fällt bei kürzerer Anlagedauer noch nicht so ins Gewicht, aber sparst du über mehrere Jahrzehnte, ist das ein deftiger Nachteil.

Der typische Fehler: zu viel Ausschütter
Zu viel Ausschütter im Depot

Der entscheidende Trick ist deshalb, beim Sparen schon ein gutes Stück, bevor man den Sparerpauschbetrag voll ausnutzt, auf thesaurierende ETFs umzusteigen.

Das Ergebnis dieses mathematischen Optimierungsproblems möchte ich dir in den nächsten Kapiteln zeigen.

Thesaurierend vs. ausschüttend bei monatlichen Sparraten

Nehmen wir an, du möchtest 300€ pro Monat anlegen. Das folgende Diagramm zeigt dir, wie viel Euro du gegenüber einem reinen Thesaurierer im Plus bist (Y-Achse), wenn du bis zum angegebenen Betrag (X‑Achse) einen ausschüttenden ETF besparst.

Thesaurierend vs. ausschüttend bei monatlichen Sparraten

300€ Sparplan; bei 8% Rendite (davon 2% Dividende); 26,375% Kapitalertragssteuer (inkl. Soli); keine Vorabpauschale/Gebühren/Handelkosten berücksichtigt.

Möchtest du z. B. 30 Jahre lang sparen, solltest du die ersten 30.000€ in einen Ausschütter stecken. Diese Summe ist nach 7 Jahren erreicht. Legst du hingegen 40 Jahre lang an, solltest du deutlich früher wechseln, nämlich bei ca. 13.000€ (nach 3,5 Jahren).

Wie du siehst, gibt es immer ein Optimum. Die Steuerersparnis durch den Pauschbetrag ist in den ersten Jahren einfach unschlagbar. Aber wehe, du schießt über das Ziel hinaus und legst zu viel in ausschüttenden ETFs an!

Die Ersparnis liegt bei max. 5.000€ über den gesamten Zeitraum!

Das betone ich deshalb so, weil einem bewusst sein sollte, dass die Upside begrenzt ist, die Downside aber riesengroß. Wenn du zu viel in einen Ausschütter steckst, ist das ein echtes Risiko. Vor allem, wenn du länger anlegst als ursprünglich geplant.

Das Optimum für unterschiedliche Sparraten und Anlagezeiträume

Optimale Summe in ausschüttenden ETFs; bei 8% Rendite pro Jahr (davon 2% Dividende); 26,375% Kapitalertragssteuer (inkl. Soli); keine Vorabpauschale/Gebühren/Handelkosten berücksichtigt.

Wie du siehst, ändert sich ab 400€ bis 500€ nicht mehr viel. Es hängt also tatsächlich primär vom angestrebten Anlagehorizont ab. Man sieht auch gut die von mir angesprochenen gegenläufigen Effekte. Bei kurzen Anlagezeiträumen steigt der optimale Betrag mit der Sparrate an. Bei langen Zeiträumen sinkt er ab.

Im Zweifel würde ich lieber etwas mehr Thesaurierer besparen.

Es ist zwar etwas kontra-intuitiv, Steuergeschenke wie den Sparerpauschbetrag liegen zu lassen. Aber für die typischen Anlagezeiträume von 20+ Jahren sind das nun mal die Ergebnisse. Es war vermutlich gut gemeint, dem Sparer eine Steuererleichterung zukommen zu lassen. Aber ob den Damen und Herren klar war, wie zweischneidig das Schwert in der Realität und wie kompliziert die Rechnung ist, wage ich zu bezweifeln.

Lohnt sich das überhaupt?

Steueroptimierungsexperten sollten einen Blick auf die nächste Grafik werfen. Wer trotz meiner Warnung vor zu viel ausschüttenden ETFs auf Teufel komm raus die letzten 2.000-3.000€ rausholen möchte (sicherlich eine stattliche Summe!), sollte sich die Endbeträge anschauen.

Thesaurierend vs. ausschüttend - Anlagedauer

300€ Sparplan; bei 8% Rendite (davon 2% Dividende); 26,375% Kapitalertragssteuer (inkl. Soli); keine Vorabpauschale/Gebühren/Handelkosten berücksichtigt.

Das eigentlich wichtige ist doch: Trotz der kleinen Sparraten kommen nach 30-40 Jahren enorme Summen zusammen. Da fallen ein paar tausend Euro nicht mehr ins Gewicht.

Ein Unterschied bei der Rendite von 0,1% pro Jahr oder ein Kostenvorteil in gleicher Größe machen den potentiellen Steuersparvorteil schon wieder wett. Man könnte sich das Leben also auch einfach machen und nur in thesaurierende ETFs investieren (dazu später mehr).

Thesaurierend vs. ausschüttend bei Einmalanlagen

Bei Einmalanlagen ist die Sache etwas übersichtlicher. Unabhängig davon, wie viel du anlegst, ist die optimale Summe im ausschüttenden Teil immer gleich. Sie hängt nur von der erwarteten Laufzeit ab.

Optimale Summe in ausschüttenden ETFs; bei 8% Rendite pro Jahr (davon 2% Dividende); 26,375% Kapitalertragssteuer (inkl. Soli); keine Vorabpauschale/Gebühren/Handelkosten berücksichtigt.

Solche Zahlen sind hilfreich. Allerdings stehst du vor dem Dilemma, dir jetzt schon überlegen zu müssen, wie lange du dein Geld anlegen wirst. Für den einen mag das einfach sein, für andere ist es schwer abzuschätzen.

Eventuell kann ich dir deine Entscheidung ein bisschen erleichtern.

Vieles spricht dafür, fast gänzlich auf ausschüttende ETFs zu verzichten. Das liegt nicht zuletzt an einer zweiten Besteuerung, die ich bisher nicht erwähnt habe, der sogenannten Vorabpauschale. Diese liegt aktuell bei Null. Aber das kann sich auch wieder ändern. Und dann werden ausschüttende ETFs noch einmal unattraktiver.

4 Gründe, nur auf thesaurierende ETFs zu setzen

Grund Nr. 1: Auch die Vorabpauschale nutzt den Sparerpauschbetrag aus

Seit 2018 werden thesaurierende ETFs über die sogenannte Vorabpauschale besteuert. Dies ist ein fixer Wert, der abhängig vom allgemeinen Zinsniveau jedes Jahr neu festgelegt wird.

Versteuert wird nach der folgender Formel:

Depotbestand vom Jahresanfang x fester Faktor x Basiszins x Faktor für Teilfreistellung x Steuersatz

Beispiel (Jahr 2020): 20.000€ x 0,7 x 0,07% x 0,7 x 26,375% = 1,81€ Steuern

Wie du siehst, fiel die Vorabpauschale im Niedrigzinsumfeld der letzten Jahre nicht ins Gewicht. Was passiert aber, wenn der Basiszins wieder steigt?

Optimum für unterschiedliche Basiszinssätze

Optimale Summe in ausschüttenden ETFs; 20.000€ Einmalanlage + 300€ Sparplan; bei 8% Rendite pro Jahr (davon 2% Dividende); 26,375% Kapitalertragssteuer (inkl. Soli); keine Vorabpauschale/Gebühren/Handelkosten berücksichtigt.

Wie du siehst, sinkt der optimale Anteil an ausschüttenden ETFs noch weiter ab. Das ist logisch, wenn du den Sparerpauschbetrag auch mit thesaurierenden ETFs in Anspruch nimmst.

Hinweis: Eine Steuer auf die Vorabpauschale fällt nur dann an, wenn auch wirklich Gewinne erzielt werden. In Jahren, in denen die Kurse in den Keller gehen, zahlt man nichts. Dann wird auch kein Steuerpauschbetrag ausgenutzt. Diese Rechnungen sind also wie alle anderen in diesem Artikel nur Näherungen. Die Realität birgt wie immer Überraschungen.

Hier ist ein guter Artikel mit Beispielen, wie genau die Vorabpauschale unter verschiedenen Bedingungen berechnet wird.

Grund Nr. 2: Dein Vermögen arbeitet in der Entnahmephase weiter

Bist du sicher, dass du nur 20 oder 30 Jahre anlegen wirst? Gerade Sparer, die nicht mehr allzu viel Zeit bis zur Rente haben, unterschätzen ihren echten Anlagehorizont.

Wer verkauft beim Einstieg in die Rente schon alle seine Investments??

Aus steuerlicher Sicht wäre das Harakiri. Außerdem, wohin mit dem ganzen Geld? Wenn du dir nicht die lang erträume Villa oder ein Boot kaufen möchtest, solltest du das Geld getrost weiter für dich arbeiten lassen.

Auch wenn du jeden Monat etwas entnimmst, um dir deine Rente aufzubessern, entfaltet der Zinseszins Jahr für Jahr seine Wirkung. Der Steuerstundungsbonus thesaurierender ETFs wird damit größer und größer.

Sind regelmäßige Ausschüttungen in der Entsparphase besser?

Dividenden-Fans kommen mit dem Argument, dass man in der Entsparphase von seinen Ausschüttungen leben möchte, idealerweise ohne Anteile zu verkaufen. Das ist aber Wunschdenken und ein rein psychologischer Effekt.

Dividenden machen in der Regel nur ein Viertel bis Drittel der gesamten Erträge aus. Der Kursgewinn spielt also eine große Rolle. Wer allein von Dividenden leben kann und nicht auf das Kurswachstum seiner ETFs angewiesen ist, muss sehr vermögend sein!

Das Thema wird sehr gut in diesem Interview von Finanzfluss beleuchtet:

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Denk also immer dran, je länger der Zeithorizont, desto gravierender der Verlust durch einen zu hohen Anteil ausschüttender ETFs.

Grund Nr. 3: Geringere Steuerbelastung im Alter

Als Rentner hat man in der Regel einen niedrigeren Steuersatz. Das gilt zwar soweit ich weiß aktuell nicht für die Kapitalertragssteuer. Aber die ersten knapp 10.000€ an Einkünften (egal woher) sind jedes Jahr komplett steuerfrei (dieser Grundfreibetrag steigt jedes Jahr).

Natürlich können sich Gesetze zur Kapitalertragssteuer ändern, aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass du besser dran bist, wenn du deine Gewinne erst im Alter realisierst. Das spricht für thesaurierende ETFs.

Grund Nr. 4: Man kann den Pauschbetrag auch durch Rebalancing nutzen

Wer das 801€-Steuergeschenk des Staates unbedingt nutzen möchte, muss das nicht durch regelmäßige Ausschüttungen tun. Beim klassischen Weltportfolio mit mindestens zwei Komponenten steht in der Regel einmal im Jahr ein Rebalancing an.

Verkaufst du Anteile der einen Komponente, z. B. den Emerging Markets, realisierst du je nach Portfoliogröße in ausreichendem Maß Gewinne, um den Sparerpauschbetrag auszuschöpfen. Hier spielt dir das FiFo-Prinzip in die Karten.

FiFo-Prinzip

Das sogenannte First-in-first-out-Prinzip besagt, dass von einer Wertpapierposition immer die Anteile als erstes verkauft werden, die auch als erstes gekauft wurden. Auf diese Weise verkaufst du automatisch die ETF-Anteile, die bereits am stärksten gewachsen sind und auf die damit die höchsten Steuern anfallen würden.

Je nach Sichtweise ist das gut oder schlecht. Zum Ausnutzen des Pauschbetrags ist es von Vorteil.

Warum sich trotzdem ein ausschüttender ETF lohnen kann

Warum sich ein ausschüttender ETF lohnen kann

Wenn alles für Thesaurierer spricht, warum kaufen so viele Investoren ausschüttende ETFs?

Die Steuergesetzgebung kann sich ändern

Niemand kann vorhersagen, welche Steuern man in 20-30 Jahren zahlen muss. Relativ sicher sollte allerdings sein, dass man Erträge, die man bereits versteuert hat, nicht ein zweites Mal versteuern muss.

Was ich also heute versteuere, habe ich auf der sicheren Seite. Wenn ich mit einem Thesaurierer die Steuerstundung nutze, erlebe ich vielleicht eine böse Überraschung. Wenn sich kurz vor meiner Rente die Kapitalertragssteuer erhöht, wäre ich der Dumme.

Ich habe mal ausgerechnet, wie viel das ausmachen würde.

Bei einer Einmalanlage von 20.000€ plus Sparplan von 300€ über 40 Jahre ist ein rein ausschüttender ETF gegenüber einem Thesaurierer knapp 25.000€ im Nachteil. Dieser Nachteil würde sich komplett aufheben, wenn die Steuer von aktuell 26,375% auf knapp 40% ansteigen würde (ohne Kirchensteuer gerechnet).

Ich halte das ehrlich gesagt für unwahrscheinlich. Aber wer weiß schon, was sich der Fiskus so ausdenkt. Wer sich also bzgl. der Versteuerung „diversifizieren“ möchte, kann sich ein paar Ausschütter ins Depot legen. Die (in der Regel größeren) Kursgewinne werden so oder so erst am Ende versteuert (wenn man verkauft).

Dividenden lassen das Anlegerherz höher schlagen

Der Kopf spielt eine große Rolle beim Investieren. Wenn jemand durch stetig steigende Dividendenausschüttungen zum Sparen motiviert wird, ist dagegen nichts einzuwenden. Unterm Strich kann das zu mehr Sparerfolg führen als der „langweilige Steuertrick“ eines Thesaurierers.

Von regelmäßigen Ausschüttungen zu leben hat schon was. Manch einen Investor graut es ja geradezu davor, im Alter ETF-Anteile oder Aktien verkaufen zu müssen.

Wähle eine Konstellation, mit der du dich wohl fühlst. Das ist mehr wert als ein paar Euro Steuerersparnis. So bleibst du deiner Anlagestrategie treu und investierst geduldig weiter. Das sind viel wichtigere Erfolgsfaktoren.

Thesaurierend vs. ausschüttend selber berechnen

Falls du selbst ein bisschen rechnen möchtest, habe ich hier einen Überblick, wie Dividenden von ETFs versteuert werden. Die Beispielbeträge spiegeln die ideale Momentaufnahme wieder, wenn der Sparerpauschbetrag exakt ausgenutzt wird. Denk aber immer dran: Der Wert und die Dividenden eines Ausschütters steigen mit der Zeit.

Versteuerung von Dividenden - Sparerpauschbetrag

Rechenbeispiel ohne Berücksichtigung der Vorabpauschale; Freibetrag gilt für Fonds und ETFs mit einem Aktienanteil ≥51%.

Bei meinen ersten Ausschüttungen hatte ich mich gewundert, warum ich so geringe Beträge überwiesen bekomme. Ich kann mich noch genau daran erinnern, dass mir mein MSCI World nicht annähernd 2% Dividende eingebracht hat.

Ich hatte nicht einkalkuliert, dass im Ausland unwiederbringlich Quellensteuer abgezogen wird.

Ein Großteil der Dividend des MSCI World kommt von ausländischen Firmen. Das jeweilige Land versteuert diese, ohne dass man durch den Sparerpauschbetrag etwas dagegen tun kann. Da das ganze Steuerhickhack kompliziert ist, hat der Deutsche Staat einen Freibetrag eingeführt, der einen dafür pauschal entschädigen soll (nicht zu verwechseln mit dem Pauschbetrag!).

Diese sogenannte Teilfreistellung liegt für ETFs und Fonds mit mindestens 51% Aktienanteil bei 30%. Für Immobilienfonds und andere Produkte gelten andere Werte.

Berücksichtigt man all diese Faktoren, nutzt man unterm Strich nur mit ca. 60% der ursprünglichen Dividende den Sparerpauschbetrag aus. 15% sind sowieso weg (Quellensteuer) und 25% sind sowieso steuerfrei (Teilfreistellung).

Hinweis: In der Realität ist das alles durch Doppelbesteuerungsabkommen usw. noch viel komplexer. Also rechne dir den Betrag nicht auf Heller und Pfennig aus. Er wird sowieso nur eine Näherung sein. Davon abgesehen, dass sich solche Gesetzesdetails ändern können und die Entwicklung der Börse auch nicht linear ist.

Fazit

Ich bin auch ein Freund davon, Dinge zu optimieren: niedrige Kosten, optimale Asset Allocation, Rebalancing-Bonus. Kleinvieh macht eben auch Mist. Aber manch einer macht eine Wissenschaft draus. Das ist meiner Meinung nach bei der Frage ausschüttend vs. thesaurierend fehl am Platz.

Es gibt zu viele Faktoren, auf die man keinen Einfluss hat.

Das Thema Steuern ist natürlich prinzipiell wichtig. Aber es gibt andere Wege, mit denen man deutlich mehr Steuern sparen kann. Stichwort „Loss-Harvesting“ zum Beispiel. Wer sich schon eine größere Summe aufgebaut hat, sollte am besten einen Profi zurate ziehen.

Was wirklich zählt

Jüngere Anleger sollten sich auf andere Sachen konzentrieren. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass selbst die kleinste Gehaltserhöhung – und sei es nur ein einmaliger Bonus – vermutlich ein größeres Plus im Depot bedeutet als jede Finanzakrobatik.

Schau bei deinen Investmententscheidungen nicht als erstes darauf, ob sie dir steuerliche Vorteile bieten.

Ich setze primär auf Thesaurierer. Das Risiko, mit zu viel Ausschüttern Rendite einzubüßen, halte ich für recht hoch. Wobei ich zugegebenermaßen aus der Anfangszeit auch ein paar ausschüttende ETFs im Depot habe. Am Ende muss das jeder selbst entscheiden. Das wichtige ist nur, sich dabei nicht in Details zu verlieren.

Viel Erfolg dabei!

P. S.: Vergiss nicht, deinen Freistellungsauftrag einzurichten!

Nachhaltige Grüße

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Christian Kontakt

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